Laufen, Hiken, Gehen - Wann gehe oder laufe ich beim Trailrunning?

Trailrunning Bergauf: Laufen oder Gehen? Ultimativer Guide

Eine Frage die mir von meiner Trailrunning Community* immer wieder gestellt wird lautet: Wie bewältigt man am besten Anstiege? Wann ist es effizienter, zu gehen, statt zu laufen? Und wie lässt sich dadurch Kraft sparen, um lange Strecken problemlos zu meistern? Wann sollte ich gehen, hiken oder laufen? Dieser Beitrag bietet dir praxisnahe Tipps und Hintergrundwissen, damit du im Gelände genau weißt, wann es Zeit für einen schnellen Schritt ist und wann du noch laufen kannst.

Die Bedeutung von Steigung und Intensität

Bergauf ist nicht gleich Bergauf. Je nach Steigungsgrad, Geländeform und dem eigenen Leistungsstand gibt es enorme Unterschiede darin, wie viel Energie du aufwenden musst. Ein kurzer, aber sehr steiler Abschnitt kann dich genauso stark fordern wie ein langer, moderater Anstieg. Entscheidend ist, dass du lernst, deine Kräfte einzuteilen und dein Lauftempo an die jeweilige Situation anzupassen.

Einteilung der Steigungen

  • Leichte Steigungen (bis ca. 5–7 %): Hier können geübte Läufer problemlos weitertraben. Der Pulsschlag steigt zwar, doch du wirst nicht sofort an deine Grenzen stoßen.
  • Moderate Steigungen (ca. 8–12 %): In diesem Bereich beginnt der Puls oft deutlich zu klettern. Viele Trailrunner reduzieren ihr Tempo und achten noch stärker auf ihren Rhythmus.
  • Starke Steigungen (über 12 %): Jetzt wird es intensiv. Selbst Profis setzen in diesem Bereich häufig auf schnelles Gehen (Power Hiking), um keine wertvolle Kraft zu verschwenden.

Zu verstehen, wo deine persönliche Schwelle liegt, ist der Schlüssel: Ab welchem Punkt geht dir beim Laufen zu viel Energie verloren? Wann wird dein Puls zu hoch, um noch ökonomisch zu sein? (LESE TIPP: Lerne alles über die Pulszonen und Herzfrequenz) Eine differenzierte Betrachtung verhindert, dass du schon in der ersten Hälfte deines Laufs ausgelaugt bist. Wie bereits beschrieben, sind die unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen sehr individuell. Mach dir also keine Gedanken, wenn du nicht von vornherein auch augenscheinlich leichte Steigungen laufend bewältigen kannst. Vergleich dich nicht mit anderen Läufern, sondern konzentriere dich auf dein Training. Du wirst die Fortschritte bemerken, wenn du bei dir bleibst.

Wann ist Gehen effizienter als Laufen?

Viele Trailrunner glauben zunächst, dass sie möglichst lange bergauf laufen sollten, weil „Gehen“ als Zeichen von Schwäche ausgelegt wird. Doch genau das Gegenteil ist oft der Fall: Wer zur richtigen Zeit auf den Gehmodus umsteigt, kann in Summe einen schnelleren Kilometerschnitt erreichen.

  • Pulskontrolle: Sobald du feststellst, dass deine Herzfrequenz beim Bergauflaufen in einen zu hohen Bereich gerät und du Gefahr läufst, dich zu „verausgaben“, lohnt sich der Wechsel zum Gehen.
  • Kraftmanagement: Besonders auf langen Distanzen wie Ultratrails ist es wichtig, Energie zu sparen. Kurze Gehphasen entlasten deine Muskulatur und senken den Puls.
  • Technik: Einige Passagen sind technisch anspruchsvoll (Schotter, Felsen, Wurzeln). Hier kann schnelles Gehen sogar sicherer sein und dich vor Fehltritten bewahren.

In solchen Situationen zahlt es sich aus, das eigene Ego beiseitezulegen. Ein gleichmäßiges, zügiges Gehen ist häufig effizienter, als sich laufend die Lunge aus dem Hals zu rennen. Entscheidend ist, diese Grenze gut zu kennen und rechtzeitig umzuschalten.

Gehen, Laufen, Hiken. Wann mache ich was beim Trailrunning Bergauflaufen?

Wann lohnt sich das Bergauflaufen?

Laufen ist natürlich immer dann von Vorteil, wenn du dadurch keinen übermäßigen Mehraufwand hast – sprich, wenn dein Puls und deine Atmung stabil bleiben. Je trainierter du bist, desto höher liegt deine Schwelle, ab der es sich wirklich lohnt, in den Gehmodus zu wechseln.

  • Kurze Rampen: Bei relativ kurzen, aber steilen Abschnitten ist es oft klug, ein Stück zu laufen, wenn du weißt, dass danach ein flacherer Bereich folgt, in dem du dich erholen kannst.
  • Intervall-Strategie: Manche Trailrunner laufen kurze Anstiege und gehen zwischendurch ein paar Schritte, um den Puls unter Kontrolle zu halten. Der Wechsel zwischen kurzen Lauf- und Gehintervallen kann durchaus sinnvoll sein.
  • Trainingsziele: Wenn du gezielt deine Kraftausdauer verbessern willst, kann das bewusste Bergauflaufen auf moderaten Streckenabschnitten Teil deines Trainingsplans sein. So erhöhst du allmählich deine Grenze, ab der Gehen notwendig wird.

Ein weiteres Kriterium ist deine Tagesform: Manchmal fühlst du dich zwar fit, doch schon kleine Anzeichen von Erschöpfung können signalisieren, dass es sinnvoller ist, bergauf kurzfristig in den Wander- oder Power-Hiking-Modus zu wechseln.

Power Hiking als goldene Mitte

Ein Begriff, der im Trailrunning-Kosmos immer populärer wird, ist das sogenannte „Power Hiking“. Dabei handelt es sich um ein sehr zügiges, dynamisches Gehen, das vor allem in steilen Anstiegen zum Einsatz kommt. Es schont die Gelenke und Muskulatur mehr als das Laufen bergauf, ist aber flotter als ein lockerer Spaziergang.

Kennzeichen des Power Hiking

  • Hände oft auf den Oberschenkeln abgestützt, um zusätzliche Kraft nach oben zu übertragen.
  • Kürzere, energische Schritte.
  • Konzentrierter Oberkörper: Du neigst dich leicht nach vorne, achtest aber darauf, die Hüfte mitzunehmen, um stabil zu bleiben.
  • Der Puls ist deutlich niedriger als beim bergauf Laufen in steilem Terrain, jedoch bleibt das Tempo relativ hoch.

Gerade bei Ultra-Distanzen sind Trailrunner, die Power Hiking geschickt einsetzen, oft deutlich effizienter unterwegs als diejenigen, die stur versuchen, sämtliche Anstiege laufend zu bewältigen.

Die Rolle der Ausrüstung beim Bergauf

Neben der individuellen Strategie beeinflusst auch die Ausrüstung, ob du bergauf besser laufen oder gehen solltest.

  • Trailrunning-Stöcke: Stöcke können dir bergauf helfen, das Körpergewicht nach vorne und oben zu schieben. Das entlastet die Beine und verteilt die Anstrengung auf den Oberkörper. Allerdings ist der Einsatz von Stöcken eine Frage der Technik: Wer ungeübt ist, verliert schnell Zeit, wenn die Koordination nicht stimmt.
  • Leichte Schuhe: Ein geringes Schuhgewicht kann im Uphill-Bereich von Vorteil sein, da jeder Schritt weniger Energie kostet. Gleichzeitig solltest du aber nicht auf eine stabile Sohle verzichten, die ausreichend Grip auf losem oder rutschigem Untergrund bietet.
  • Hydration Pack: Leichte Trinkwesten oder -gürtel mit passender Flüssigkeitsversorgung sind Gold wert. Sie halten dein Körpergewicht im Rahmen, und du wirst dir dank ständiger Flüssigkeitszufuhr nicht schon im ersten Anstieg die Kräfte rauben lassen.

Achte darauf, dass dein Equipment auf dein Ziel zugeschnitten ist: Bei kurzen Bergsprints kannst du minimalistisch unterwegs sein, während du bei längeren Touren mehr Proviant und Ausrüstung dabeihaben solltest.

Angebot
LEKI Ultratrail FX.One Superlite Trailrunningstöcke, 120CM
  • Stock Material: Carbon
  • Stock Konstruktion: 3-teilig, faltbar
  • Spezifische Aktivität: Trailrunning
  • Gewicht pro Paar: 274 g

Trainingsstrategien für den Uphill

Wer sich im Berglaufen verbessern möchte, profitiert von einem gezielten Training, das schrittweise intensiver wird. Einige Ansätze dafür sind:

  1. ✅ Intervall-Bergläufe: Suche dir einen mittellangen Anstieg und wiederhole das Hochlaufen bzw. Hochgehen mehrmals mit kurzen Pausen dazwischen. So verbesserst du Kondition und Stehvermögen.
  2. ✅ Kraftausdauer-Einheiten: Ergänze dein Lauftraining mit funktionellem Krafttraining. Stabilitätsübungen für Rumpf, Gesäß und Beine machen dich bergauf deutlich leistungsfähiger.
  3. ✅ Long Runs mit Höhenmetern: Plane regelmäßig lange Einheiten mit moderaten Anstiegen. Übe das Wechselspiel zwischen Laufen und Gehen – ein Muss für Ultradistanzen.
  4. ✅ Hill Repeats: Sehr kurze, knackige Sprints bergauf (z. B. 30 bis 60 Sekunden) mit zügigem Zurücktraben als Erholung. Diese Methode schult deine Explosivkraft und hebt deine anaerobe Schwelle an.

Mit einer systematischen Herangehensweise kannst du deine persönliche Bergaufgrenze verschieben und feststellen, dass du nach und nach längere Passagen laufend bewältigen kannst. Solltest du übrigens – so wie ich auch – keine Berge in der deiner Nähe haben, empfehle ich dir meinen Beitrag zum Bergtraining ohne Berge. Denn Höhentraining kann man auch ohne Berge absolvieren.

Hier kann man nur noch Klettern beim Trailrunning

Hier erübrigt sich die Frage, welcher Laufstil erforderlich ist – Kletterpassagen beim Ultratrail

Typische Fehler und wie du sie vermeidest

  • ⛔ Zu schnell starten: Viele Trailrunner gehen die ersten Anstiege viel zu ehrgeizig an. Das führt zu frühzeitigem Leistungsabfall oder sogar einem „Einbruch“ im späteren Rennverlauf. Taste dich lieber an dein Limit heran.
  • ⛔ Falsche Technik: Ein hochgezogener Oberkörper oder zu große Schritte erschweren das Vorankommen. Achte auf eine leicht nach vorne geneigte Haltung und kurze, kraftvolle Schritte.
  • ⛔ Keine Regenerationspausen: Auch während eines Wettkampfs oder Trainingslaufs können kurze Verschnaufpausen Sinn machen. Nutze eine kurze Gehphase, um Wasser zu trinken oder einen Energieriegel zu essen.
  • ⛔ Ego statt Vernunft: Lasse dich nicht von Mitläufern verrückt machen. Wenn jemand an dir vorbeizieht, bedeutet das nicht, dass du dich sinnlos verausgaben musst. Halte deinen eigenen Plan ein.

Wenn du ausführlichen Informationen zum Thema Wettkampfgeschwindigkeit bzw. Laufgeschwindigkeit im (Ultra) Trailrunning möchtest, sieh dir den verlinkten Beitrag an. Dort erkläre ich dir alles was du über dieses Thema wissen musst.

🧠 Mentale Aspekte beim Bergauflaufen

Der Kopf entscheidet oft, ob du schneller die Berge eroberst oder zögerlich wirst. Gerade in steilen Passagen kann es helfen, sich Zwischenziele zu setzen: „Bis zu diesem Baum laufe ich noch, dann gehe ich 20 Schritte.“ Solche kleinen Etappen erleichtern es dir, im Moment zu bleiben und nicht zu resignieren. Außerdem kannst du dich mental darauf einstellen, dass Gehen keineswegs ein Zeichen von Schwäche ist, sondern dir einen Vorteil verschaffen kann – und zwar in Form von gesparten Kräften für die letzten Kilometer des Rennens. Deine mentale Stärke ist ein wesentlicher Schlüsselfaktor für Erfolg oder Misserfolg.

Fazit: Flexibilität statt starrer Regeln

Statt stumpf jede Steigung laufen zu wollen, solltest du bei deinem Trailrunning bergauf bewusst abwägen: Wie steil ist der Abschnitt, wie lang, wie fit fühle ich mich heute, und was ist mein übergeordnetes Ziel? Wer lernt, die eigenen Grenzen realistisch einzuschätzen und rechtzeitig vom Lauf- in den Gehmodus zu wechseln (oder umgekehrt), wird langfristig mehr Freude und Erfolg im Gelände haben.

Das Zusammenspiel aus Technik, Taktik, Ausrüstung und mentaler Stärke entscheidet darüber, wie du Anstiege meisterst – und ob du im Ziel noch Kraftreserven für den letzten Kilometer oder sogar für einen Schluss-Sprint hast. Das Schöne am Trailrunning ist, dass es dabei kein „richtig“ oder „falsch“ gibt. Jeder einzelne Anstieg ist eine neue Herausforderung, die es mit Augenmaß, Erfahrung und natürlich einer Portion Abenteuerlust zu meistern gilt.

Wer kontinuierlich trainiert und auf seinen Körper hört, wird bald bemerken, dass sich der Übergang zwischen Laufen und Gehen fließend gestaltet. So wird Bergauflaufen vom angstbesetzten Hindernis zu einer spannenden Spielart des Trailrunning: Mal läufst du, mal gehst du – und am Ende bestimmt deine kluge Strategie, wie erfolgreich und entspannt du am Gipfel ankommst. Auf meinem Youtube Kanal „Laufend über sich hinaus“, gibt es den VLOG zum Kat100. Dort siehst du wie ich bei diesem Ultratrail Wettkampf zwischen Gehen, Laufen und Hiken wechsle um das Rennen zu schaffen.

Nadine ist eine leidenschaftliche Ultratrail-Läuferin. Sie teilt ihre Abenteuer und inspiriert mit Geschichten über mentale Stärke, Training und Erholung.

Post a Comment

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..